Newsletter August 2018 14.08.2018

Die AFOR Stiftung hat sich der Förderung von Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Orthopädie und Traumatologie verschrieben. Dazu führt die Stiftung einmal im Jahr das AFOR Expertengremium in der Schweiz durch. Im Rahmen des Konzepts »Expertengremium« werden innerhalb von drei Tagen wesentliche Aspekte eines eng umschriebenen, kontrovers diskutierten Themas beleuchtet. Themen der vergangenen zwei Jahre, der ersten beiden seit Einführung des neuen Konzepts, waren »Infekt und Defekt« und »Implantat und Schmerz«, die den Bogen spannten von Grundlagenforschung, über Diagnostik, klinische Problematik bis hin zu innovativen Entwicklungen von Behandlungskonzepten. Im kommenden Jahr wird das Expertengremium sich mit dem Thema »Knorpel- und Knochenregeneration: Aktuelle Forschungsprojekte, innovative Entwicklungen, präventive oder therapeutische Operationsverfahren« beschäftigen. Die AFOR Stiftung vergibt Stipendien an interessierte Nachwuchsforscher, um ihnen die Teilnahme am Expertengremium zu ermöglichen.

Des Weiteren fördert die Stiftung in jedem Jahr auch ausgewählte Forschungsprojekte in Orthopädie und Unfallchirurgie. Im vergangenen Jahr konnten vier Projekte, die in den Jahren 2014 bzw. 2015 eine Förderung erhielten, erfolgreich abgeschlossen werden. Wir möchten deshalb den Newsletter zum Anlass nehmen, ausführlicher über diese geförderten Projekte zu berichten. Die hier vorgestellten Projekte befassten sich nicht nur mit kliniknahen Themen wie dem Einfluss von Rehabilitationsmaßnahmen auf den Knochenabbau nach Einbau von Hüftendoprothesen, sondern auch mit Grundlagenforschung zum Verständnis von Pseudarthrosen, sowohl fraktur- als auch infektbedingt, oder auch des Einsatzes von Elektrostimulation zur Differenzierung von Knorpelzellen.

 

Kurze Zusammenfassungen der Projekte finden Sie im Anschluss:

 

Projekt FO_2014_09:

Kann eine höhere physische Aktivität im Alltag dem periprothetischen Knochenabbau nach Hüftendoprothesenimplantation vorbeugen? 

Antragsteller: Dr. rer. hum. Anett Mau-Möller, Orthopädische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Rostock

Förderung bewilligt 2014

Die Implantation einer Hüpftendoprothese (Hüft-EP) führt zur Abnahme der periprothetischen Knochendichte (PBMD). Der Knochenabbau in der frühen postoperativen Phase wird ursächlich primär einer modulierten Krafteinleitung in den Knochen mit einhergehendem belastungsadaptiven Knochenumbau (Stress-Shielding-Effekt) zugeordnet. Der Prävention des periprothetischen Knochenabbaus wird im Hinblick auf lange Prothesenstandzeiten eine große Bedeutung zugeschrieben. Um entsprechende Empfehlungen für präventive Maßnahmen gegen den implantatnahen Knochenabbau abzuleiten, ist die Kenntnis der wichtigsten Prädiktoren der PBMD notwendig. Während eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen die Effekte verschiedener Vorhersagevariablen auf die BMD verschiedener anatomischer Regionen beschreiben, liegen bis dato wenig Studien zu den Prädiktoren der PBMD nach Hüft-EP-Implantation vor. Ziel dieser Studie war es, (1) die PBMD des Femurs nach der Implantation einer Hüft-EP zwischen Frauen und Männern zu vergleichen und (2) die Einflüsse verschiedener Prädiktoren zur Vorhersage der PBMD zu analysieren. Für das a priori Modell zur Erklärung des Konstrukts PBMD waren insbesondere Variablen von Interesse, die durch bewegungstherapeutische Interventionen in ihrer Ausprägung modifizierbar sind und für die ein relevanter Beitrag zur Varianzaufklärung der BMD für andere anatomische Regionen nachgewiesen wurde.

50 Hüft-EP-Patienten (20 Frauen; 30 Männer) wurden 6 ± 1 Monate postoperativ in die Studie eingeschlossen. Die Datenanalyse beinhaltete im ersten Schritt eine Prüfung auf geschlechtsspezifische Unterschiede der PBMD des proximalen Femurs (Gruen Zonen 1–7). Im zweiten Schritt wurden mit multipler linearer Regression und Strukturgleichungsmodellierung die Einflüsse folgender Prädiktoren zur Vorhersage der PBMD analysiert: körperliche Aktivität (Fragebogen; IPAQ), Muskelmasse (fettfreie Körpermasse; DXA), isometrischer maximaler willkürlicher Kraft der Knieflexoren und -extensoren (Dynamometrie), Körpergewicht, Lebensqualität (SF-36) und T-Score (DXA).

Die PBMD war bei den Frauen signifikant geringer im Vergleich zu den Männern. Die Variable Muskelmasse erwies sich innerhalb der Strukturgleichungsmodelle als signifikanter Prädiktor der PBMD. Eine hohe Muskelmasse im Bereich der Hüfte hat demzufolge eine hohe protektive Wirkung auf die PBMD. Da die Muskelmasse ein durch interventionelle Maßnahmen modifizierbarer Prädiktor ist, lassen sich entsprechende praktische Implikationen für die Prävention des implantatnahen Knochenabbaus ableiten.

Konkrete Praxisempfehlungen enthalten demnach bewegungstherapeutische Maßnahmen mit dem Ziel, Muskelmasse zu erhalten und/oder aufzubauen. Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen damit die Relevanz der Bewegungstherapie im Rahmen einer frühen postoperativen Rehabilitation nach Hüft-EP-Implantation.

 

Projekt FO_2015_05:

Untersuchungen zum Einfluss inflammatorischer Prozesse in der Entstehung von atrophen Pseudarthrosen

Antragsteller: PD Dr. med. Björn Behr, Klinik für Plastische Chirurgie, Handchirurgiezentrum, BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum

Förderung bewilligt 2015

Pseudarthrosen nach einer gestörten Frakturheilung stellen trotz moderner Osteosyntheseverfahren nach wie vor eines der größten Probleme in der Traumatologie dar. Hierbei stellt vor allem die atrophe Form eine Herausforderung dar, da die hypertrophe Form meist durch eine adäquate Ruhigstellung therapiert werden kann. Ziel dieses Forschungsvorhabens war es daher mehr über die Ursachen der atrophen Pseudarthrose herauszufinden um auf der Basis dieser Erkenntnisse neue therapeutische Strategien zu entwickeln.

Um einen ersten Eindruck über den Verlauf der Entstehung einer atrophen Pseudarthrose gewinnen zu können und um die dynamischen Prozesse, die hierbei eine Rolle spielen, besser bewerten zu können, führten wir Genexpressionsanalysen sowie histologische Färbungen zu den gewählten Zeitpunkten von 48 Stunden, 1 Woche, 5 und 10 Wochen durch. Hierbei verwendeten wir ein bereits etabliertes Mausmodell zur Generierung einer atrophen Pseudarthrose.

Interessanterweise konnte in den Färbungen für TRAP in der Pseudarthrosengruppe eine erhöhte Osteoklastenaktivität über den gesamten Beobachtungszeitraum nachgewiesen werden. Dies ging einher mit erhöhten Regulierung von RANKL in der qRT-PCR. Darüber hinaus konnte eine Hochregulierung von TGF-b, TNF-a und MMP13 vor allem nach 1 und 5 Wochen beobachtet werden.

Zusammengefasst postulieren wir eine verminderte Osteogenese bedingt durch eine gesteigerte Osteoklastenfunktion. Dies scheint einherzugehen mit einer inflammatorischen Genese um die Hauptmediatoren MMP13 und TNF-a.

 

Projekt FO_2015_03:

Evaluation einer systemischen Entzündungsreaktion bei Patienten mit Infekt-Pseudarthrosen

Antragsteller:Dr. med. Ulrike Dapunt, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universität Heidelberg

Förderung bewilligt 2015

Da die Diagnostik von Implantatinfektionen in der Gewebekultur häufig erschwert ist, wurde die Sonifikation des Implantats als eine zusätzliche Methode zur Verbesserung des Keimnachweises etabliert.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde nun die systemische Entzündungsreaktion bei Patienten mit einer Infekt-Pseudarthrose untersucht. Insbesondere wurde evaluiert, ob die systemische Entzündungsreaktion mit den verschiedenen Methoden des Keimnachweises (Sonifikation, Gewebekultur) korreliert.

Wir konnten demonstrieren, dass sich das pro-inflammatorische Zytokin IL-8 als möglicher Marker einer Infekt-Pseudarthrose eignet und, dass sich zwischen den einzelnen Gruppen Hinweise für eine unterschiedliche Knochenregeneration zeigen.

 

Projekt FO_2015_06:

Entwicklung einer 3D Elektrostimulationseinheit zur Unterstützung der chondrogenen Differenzierung humaner Knorpelzellen und mesenchymaler Stammzellen

Antragsteller: Dr. rer. hum. Anika Jonitz-Heincke, Orthopädische Klinik und Poliklinik, Universitätsmedizin Rostock

Förderung bewilligt 2015

Das Ziel in dem geförderten Projekt waren grundlegende Untersuchungen zur Wirkung elektrischer Wechselfelder (700 mV, 1 KHz) auf die Vitalität und knorpelspezifische Differenzierung humaner Knorpelzellen und mesenchymaler Stammzellen in Einzelzell- und Ko-Kulturen.

Zur Klärung dieser wissenschaftlichen Fragestellung wurde eine Stimulationskammer entwickelt, mit der die Zellen mit sinusförmigen Wechselfeldern über einen Zeitraum von 7 Tagen unter normoxischen (21 % Luftsauerstoff) und hypoxischen (5 % Luftsauerstoff) stimuliert werden können.

Bei den Versuchen zeigte sich, dass die elektrische Stimulation in verschiedenen Zellkulturen keinen negativen Einfluss auf die Vitalität der Knorpel- und Stammzellen hatte. Unter hypoxischen Kulturbedingungen konnte eine erhöhte Genexpression der chondrogenen Marker Kollagen 2 und Aggrekan seitens der Knorpelzellen nachgewiesen werden. Zusätzlich wurde eine signifikant erhöhte Syntheserate des Kollagen 2-Proteins ermittelt. Die elektrische Stimulation mesenchymaler Stammzellen in Einzelzell- und Ko-Kulturansätzen resultierte in tendenziell ähnlichen, aber deutlich schwächer ausgeprägten Ergebnissen.

Mit Hilfe des experimentellen Versuchsaufbaus war es möglich, den Einfluss elektrischer Felder in Knorpel- und Stammzellen zu untersuchen und somit einen Beitrag zum Verständnis der elektrischen Feldwirkung auf die Regeneration von geschädigtem Knorpelgewebe zu leisten.

 

Die Publikation finden Sie unter:

https://www.spandidos-publications.com/10.3892/mmr.2018.9174

 

Mit diesem kurzen Überblick über unsere Aktivitäten, hoffen wir Ihr Interesse an unserer Stiftung geweckt zu haben.

Ihr AFOR Team